Ratskeller

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  • nach dem Lingener Stadtbrand von 1548 im Jahre 1549 neu erbaut
  • 18. Jahrhundert: Neugestaltung des Giebels
  • Nutzung als Gastronomie
  • 20. Jahrhundert: Umbau zu einem großflächigen Gastraum
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Ratskeller
 
Baudenkmäler sind nicht nur sehenswerte Gebäude mit schönen Fassaden, sondern auch wichtige Quellen zur Stadt- und Kulturgeschichte. Wie Baudenkmäler als Quellen der Geschichte entdeckt und erschlossen werden können, erläutert am Ratskeller Dr. Andreas Eiynck vom Emslandmuseum.
Bei der Sanierung des alten Bürgerhauses Markt 13 durch die Brüder Chris und Mark Hofschröer entdeckten die Bauerarbeiter uralte Balken und Fachwerkwände. Bei einer systematischen Untersuchung durch das Emslandmuseum zeigte sich bald, dass diese Hölzer zu einem Haus gehörten, das nach dem großen Lingener Stadtbrand von 1548 neu errichtet wurde – und zwar in unmittelbarer Nachbarschaft des Rathauses. Das früher unter dem Namen „Rathsschänke“ bekannte Lokal ist schon seit Jahrhunderten als historisches Gasthaus belegt.
Tragfähig war das fast 500 Jahre alte Fachwerk allerdings nicht mehr. Zu seiner statischen Entlastung mussten der Planer Klaus Rosemann und der Statiker Dieter Hüer eine aufwendige Stahlkonstruktion entwerfen. Nur sie sichert den Erhalt der historischen Bausubstanz.
Im Laufe der mehrmonatigen Untersuchung entdeckten die Experten noch eine Fülle von Details dieses ältesten Fachwerkhauses der Stadt. So kam in der westlichen Traufwand auf einer Länge von etwa zehn Metern eine vollständig erhaltene Fachwerkwand mit Ständern, Riegeln und Kopfbändern zum Vorschein. Selbst die früheren Fenster waren in diesem Bereich noch erkennbar. Ein solcher Fachwerkraum aus der Mitte des 16. Jahrhunderts dürfte wohl einzigartig in einem weiten Umkreis sein.
Seit dem 17. Jahrhundert wurde das Haus dann vielfach verändert und erweitert, behielt aber bis heute seine historischen Dimensionen und seine alte Kubatur. Im 18. Jahrhundert wurde der Giebel zum Marktplatz hin vorgezogen und neu gestaltet, zunächst noch als Fachwerkgiebel, der später noch einmal umgebaut und verputzt wurde. Auf der Rückseite wurde das Haus bis zur Schlachterstraße verlängert. Dabei blieb der ursprüngliche Rückgiebel aus Eichenfachwerk mit Lehmwänden im Dachwerk erhalten.
Von der ursprünglichen großen Diele mit einem Tor zum Marktplatz blieb schließlich nur noch ein großer Hausflur übrig, während sich das eigentliche Wohnen in die kleinen seitlichen Stuben und Kammern sowie in die rückwärtige Küche verlagerte.
Bei einem weiteren Umbau im 20. Jahrhundert wurden die meisten Innenwände entfernt, sodass ein großflächiger Gastraum entstand. Er ist als gemütlicher Treffpunkt beim „Eselswirt“ Lehbrink oder als Speiseraum des „Piano“ vielen Lingenern sicher noch in Erinnerung.
Nach Auffassung der Bauhistoriker befand sich im hinteren Teil des Hauses ursprünglich ein großer Küchenraum mit einem offenen Herdfeuer. Später wurde am Rückgiebel ein Schornstein errichtet. Die Fundamente des zugehörigen Kaminblocks kamen bei Erdarbeiten im April 2011 zum Vorschein. Vor einer Herdwand brannte dort einst das offene Herdfeuer, das den gemütlichen Mittelpunkt des ganzen Hauses bildete. Es wird vermutet, dass das Haus 1549 zunächst noch als Rauchhaus ohne Schornstein errichtet wurde und erst im späten 16. oder im 17. Jahrhundert einen steinernen Kamin erhielt.
Hausbrunnen gefunden
Zu jedem funktionierenden Haushalt gehörte auch in früheren Jahrhunderten eine Wasserquelle – auch in der eng bebauten Lingener Innenstadt. Auch am Haus Markt 13 zeichnete sich im Mauerwerk eine alte Spülküche ab, die zu der engen Gasse auf der Westseite orientiert war. Große Sandsteinblöcke sollten hier das zur Gasse hin ausgegossene Wasser am Aufsteigen in das Mauerwerk hindern. Im Bereich dieser Gasse vermuteten die Baufachleute auch den alten Hausbrunnen.
Während der Fundamentarbeiten gab es dann aber Ende April eine weitere Überraschung. Ein Brunnen im Bereich der Spülküche wurde gefunden – aber innerhalb des Gebäudes. Seine runde Wandung war aus sorgfältig behauenen Segmenten von Bentheimer Sandstein zusammengefügt und vorzüglich erhalten. Die Tiefe betrug etwa drei Meter. Die Bauzeit des Brunnens dürfte in das 18. oder 19. Jahrhundert zu datieren sein.
Durch die zukünftige Funktion als Gaststätte kann jeder Interessierte das besondere Ambiente dieses Hauses kennenlernen und seine Speisen und Getränke in einem der ältesten erhaltenen Gasträume Niedersachsens genießen.
 
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